Allen drei nominierten Arbeiten ist der ausdrückliche, sichtbare gedankliche Ursprung zu eigen. Was sie unserer Meinung nach heraus hebt, ist ihr Vertrauen auf eine einfache Ausgangsmaxime in Verbindung mit einem jeweils zentralen Element der Fotografie. Dokument – Licht – Subjektivität. Die Künstler entwickeln entlang dieser Vorgaben stringente eigene Bildsprachen, die im Vertrauen auf die Kraft der Fotografie ihr jeweiliges Thema sichtbar macht. So verschieden sie auch sein mögen, behandeln sie doch alle fundamentale Aspekte von Wahrnehmung und greifen so weit über die persönlichen Verbindungen der Künstler zu ihren Arbeiten hinaus. Ihr Thema spricht den Betrachter ganz direkt und ohne ästhetische Barrieren an. Sie sagen etwas von sich, sie sagen etwas zum Betrachter und sie sagen etwas über Fotografie.
Chris Jordan schafft es, aus einem Foto wieder ein Dokument der Wahrheit zu machen. Er scheut sich nicht, die didaktische Kraft der Fotografie, das »so war es« zu nutzen und sie doch zu erweitern, um die Ungeheuerlichkeit der Tatsachen zu greifen. Chris Jordan bleibt bei einer einfachen multiplikatorischen Ästhetik, um den Blick des Betrachters von jeglicher Metaebene freizuhalten. Dieser Verzicht ist keine ästhetische Beliebigkeit, sondern erzeugt eine freie Skalierbarkeit der Betrachtung. Je nach Nähe oder Ferne ergeben sich unterschiedliche Wahrnehmungen und Bedeutungen beim Betrachter. In dieser vermeintlichen Einfachheit der Bilder findet sowohl eine ästhetische wie auch gesellschaftliche Untersuchung von Maßstab und Auflösung statt.
Carsten Klein verknüpft den Betrachter wieder mit der Vorstellung einer fotografierbaren Innenwelt. Jenseits von Photoshop zeigt er einen lakonischen Surrealismus, in dem man sich sofort und ohne große Mühe wiederfindet. Und das Wunderbare ist, dass man spürt Zeuge eines Augenblicks in einer Geschichte zu sein, dessen Anfang und Ende in unserem Inneren liegt.
Die Arbeit von Bernadette Wolbring hat eine besondere bildnerische Qualität und hat diese in allen Exponaten durchgängig entwickelt.
Sie untersucht Gemälde auf Ihre Lichtstimmung, erfühlt den Charakter des Lichtraumes und intensiviert seine Wirkung. Ihre Räume bergen ein Geheimnis, das sich dem Betrachter immer wieder neu erschließt.
Die Jury bestehend aus Ute Noll, Prof. Dr. Kris Scholz und dem Vorstand der Darmstädter Tage der Fotografie e.V. Albrecht Haag, Alexandra Lechner, Gregor Schuster und Rüdiger Dunker gab die Entscheidung während der Preisverleihung am 18. April 2008 bekannt.
Gefordert war eine eigenständige Bildsprache zur Visualisierung des Konzeptes unter dem Thema Querdenker – vom Kopf an die Wand.
Bernadette Wolbring, 33, Stuttgart, untersucht mit der Arbeit Camera die Wirkung von Licht an überarbeiteten Vorlagen großer Meister der Malerei. An den auf die Lichtsituation reduzierten Motiven wird in gebauten Modellen die Stimmung von Wolbring neu interpretiert und erforscht.
Chris Jordan, 45, Seattle USA, setzt Statistiken über den amerikanischen Konsum in subtile Massendarstellungen um. Durch seine sehr ästhetischen Collagen bekommen die Tausender und Millionen dieser bloßen Fakten eine echte visuell erfahrbare Dimension als Zerfallsprodukte der Massenkultur.
Carsten Klein, 42, Essen, hinterfragt die Versprechungen der Eltern an ihre Kinder in symbolträchtigen Bildern. Gezeigt werden die innerlichen Befindlichkeiten des Heranwachsenden, inszeniert in realen Räumen und Landschaften, als überwiegend trostlose, unterkühlte Analogien.
zum Archiv Rahmenausstellung 2008: Bernadette Wolbring
zum Archiv Rahmenausstellung 2008: Chris Jordan
zum Archiv Rahmenausstellung 2008: Carsten Klein