Symposium 2012
Bildspuren – Unruhige Gegenwarten

Simon Norfolk

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Simon Norfolk

John Burke: The best war photographer you’ve never heard of

Der Ire John Burke war ein großartiger Kriegsfotograf, dessen ausdrucksstarke und wunderschöne Fotografien des zweiten Anglo-Afghanischen Kriegs (1878–1880) eine außergewöhnliche Dokumentation darstellen, der aber praktisch völlig unbekannt ist.

Mit unhandlichen nass-beschichteten Kollodium Negativen und einer großen Kamera aus Holz fotografierte er Landschaften, Schlachtfelder, archäologische Fundstätten, Straßenszenen, Portraits von britischen Offizieren und ethnologische Gruppenportraits von Afghanen und schuf damit eine Dokumentation eines imperialen Zusammenstoßes, die sowohl ungemein umfassend ist, als auch durchsetzt mit feinfühligem Humanismus.

Dies waren die ersten Fotos, die jemals in Afghanistan aufgenommen wurden. Letztes Jahr kehrte ich, erstmals seit 2001 wieder zurück nach Afghanistan, um John Burkes Spuren zu folgen. Durch einfaches Nachfotografieren ist meine neue Arbeit mehr eine Improvisation des Leitmotivs von John Burke – betrachtend, was dabei heraus kommt, wenn man eine halbe Billion US-Dollar auf ein verarmtes und gebrochenes Land wie Afghanistan wirft.

Während Burke verschiedene ethnische afghanische Gruppen fotografierte, sind es heute Basketball Mannschaften und deutsche Polizeiberater – die Macht im Kabul moderner Zeiten ist den Afghanen schnell genommen worden; es wurde ›internationalisiert‹. Mein Projekt stellt sich als eine künstlerische Zusammenarbeit von Burke und mir, im wahrsten Sinne des Wortes, dar (abgesehen davon, dass einer von uns tot ist). Das Leitmotiv ›Spuren in einer ruhelosen Gegenwart‹ könnte hier nicht zutreffender sein.

Das Beste an der Fotografie (ihre Fähigkeit das Unmittelbare zu reflektieren) ist ebenso das schlechteste (ihre Oberflächlichkeit; ihre Fähigkeit nur den oberflächlichen Anschein der Dinge abzubilden). Durch die Gegenüberstellung meiner Arbeit mit der von John Burke will ich durch diese oberflächliche Haut dringen, die Fotografie und speziell die Kriegsfotografie besitzt. Es interessiert mich nicht Ihnen zu zeigen, wie der Krieg aussieht (es gibt Millionen Fotos, die diese scheußliche Aufgabe bereits übernehmen), ich will versuchen Ihnen zu zeigen, was der Krieg bedeutet – seine Beziehung zu Imperialismus und Geschichte und was das alles für uns heißt.