Symposium 2014
Reflexion – Ästhetische Referenzen

Margret Hoppe

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Margret Hoppe

D’après une Architecture – zum Verhältnis von der Architektur Le Corbusiers zu ihrem Bild in der Fotografie

Der Vortrag setzt die Architektur Le Corbusiers in ein Verhältnis zum Bild der Architektur und untersucht das Wechselspiel von fotografischer Repräsentation und Erscheinung im Medium Fotografie. Zwei unterschiedliche Ansätze stehen im Blickfeld meiner Untersuchung: Die Serie D’après une Architecture aus dem Jahr 2013, bei der ich selbst versuche, neue, gegenwartsbezogene Perspektiven für Le Corbusiers Bauten zu finden. Und die Fotografien Lucien Hervés, der seit 1949 bis zum Tod Le Corbusiers als dessen Hausfotograf tätig war, nachdem er mit folgenden Worten dazu ernannt wurde: »Sie haben die Seele eines Architekten, und Sie verstehen etwas davon, Architektur zu betrachten. Werden Sie mein Fotograf.«

Hervé arbeitete fast zwanzig Jahre mit dem Architekten zusammen. Der Fotograf stammte ursprünglich aus Ungarn und emigrierte 1929 nach Paris. Le Corbusier, eigentlich Charles-Edouard Jeanneret-Gris, wurde 1887 in der Schweiz geboren und verlegte 1917 seinen Wohnsitz nach Paris, wo die beiden Seelenverwandten schließlich aufeinander trafen. So ist das Werk des Utopisten der architektonischen Moderne vor allem durch die Fotografien Hervés bekannt geworden. Die schwarz-weißen, kontrastreichen und ausschnitthaften Fotografien stehen für die Architektur Le Corbusiers und werden gerade durch den hohen Abstraktionsgrad ihrer Bildkomposition zeichenhaft.

Die fotografische Serie D’après une Architecture reflektiert Le Corbusiers utopische Ideen zum Modernen Bauen und seine Konzeption einer Architektur als Gesamtkunstwerk. Der Titel bezieht sich auf die Publikation Vers une Architecture von 1923, in welcher der Architekt Grundfragen zur Modernität des Bauens aufwirft und mit den tradierten Ansichten der Architektur seiner Zeit bricht.

Sichtbeton, klare, geometrische Formen und farbige, polychrome Flächen stehen in den Fotografien symbolhaft für die Merkmale der Architektur. Erscheinen die Bauten auf den ersten Blick eher schroff, abweisend und kühl, so entsteht durch die fotografische Annäherung, insbesondere durch die Wahl bestimmter Ausschnitte und das Zusammenspiel von Formen, Farben und Sichtachsen eine Ästhetisierung der Architektur im Bild. Es stellt sich die Frage, was von den Visionen des Modernen Bauens heute, wo diese Architektur mehr als Monument denn funktionaler Bau erscheint, übrig bleibt. Sowohl in den Fotografien Hervés als auch in meiner Serie ist die Fotografie nicht nur bloßes Dokument. Vielmehr verwandelt sie die Architektur auf der Fläche des fotografischen Bildes zu einem Zeichen, das in seiner Ästhetik malerische, grafische oder skulpturale Elemente aufweist – sie zeigt die vielseitigen Perspektiven für die Lesbarkeit von Le Corbusiers Oeuvre heute.