Symposium 2014
Reflexion – Ästhetische Referenzen

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Yang Shu

Für eine neue Kunstfotografie

Die heutige Technologie hat eine beispiellose Verbreitung von Fotos mit sich gebracht. Jeder kann problemlos überall Bilder machen und sofort über das Internet verbreiten. Die Entwicklung der digitalen Fotografie hat die Domäne der ›Bilder, die die Welt repräsentieren‹ von der traditionellen Fotografie quasi übernommen. Durch die Bildbearbeitungssoftware erscheint die alte Entwicklungstechnik in der Dunkelkammer schwerfällig und teuer. Wenn die Kosten zu sehr steigen, verschwindet die etablierte analoge Industrie, noch bevor sie ihr Verfallsdatum erreicht hat, und wenn fast alle professionellen Fotografen die analoge Fotografie aufgeben, ist die Existenz der traditionellen Fotografie tatsächlich in Gefahr. Es ist heute nicht schwer, das Ende der analogen Fotografie zu prophezeien, aber das ist nicht unbedingt die einzige Lösung oder der zwangläufige Weg in der Entwicklung der Fotokunst.

Vielleicht kann ein Blick in die Kunstgeschichte einen anderen Weg aufzeigen, wenn man etwa an die Folgen der damals neuen Technik der Fotografie für die traditionelle westliche Malerei denkt: man staunte über das Wunder der Fotografie und sah darin das Ende der Malerei – was für bestimmte Genres, vor allem für das Portrait, auch durchaus zutreffend war. Andererseits führte diese Entwicklung aber zu einer Revolution, in deren Folge die Malerei Neuland betrat, so dass wir in den hundert Jahren bis heute eine großartige Entwicklung der Malerei genossen haben.

Durch die digitale Technologie sind tatsächlich wichtige Techniken der traditionellen Fotografie verschwunden, und die Entwicklungsgeschichte der modernen Malerei lässt sich auch nicht unbedingt auf die der Fotografie übertragen. Wohl aber können wir die analoge Technik zum Maßstab für die neuen Entwicklungen nehmen und darin neue Ressourcen entdecken. Die Frage ist, ob die Tradition neue kreative Wege weisen kann und ob wir die unersetzliche Essenz der analogen Fotografie identifizieren und daraus neue künstlerische Formen entwickeln können.