Der Titel BreaThings entsteht durch die Kombination der zwei englischen Wörter ›breathing‹ und ›things‹. Alle Fotografien dieser Serie zeigen verschiedene Objekte, die sich in der Nähe des Körpers einer Person befinden.
Bei der Festlegung der Belichtungszeit richtete sich Kyungwoo Chun jeweils nach der Dauer des Dialogs zwischen ihm und seinem Modell. Dadurch haben sich kleine Bewegungen überlappt, wodurch ein verschwommenes Bild entstand. Anders als in seinen früheren Porträtfotografien zeigt der Künstler in BreaThings nur die Hand, den Arm oder andere Körperteile seiner Modelle, das Gesicht bleibt immer verborgen. Der Fokus der Arbeit liegt auf den Gegenständen, welche die abgebildeten Personen in unterschiedlichen Positionen nahe an ihren Körper halten. Ihrer ursprünglichen Funktion enthoben, wurden sie durch die Atembewegungen zu etwas Besonderem.
Betrachtet man die Tatsache, dass wir alle ein Objekt besitzen, das uns so kostbar ist wie ein Teil unseres Körpers, wird das Motiv hinter der Arbeit des Künstlers erkennbar: Ihn fasziniert die Lebenskraft, die von alltäglichen Objekten ausgeht, wenn sie von jemand besessen werden. In BreaThings erscheint eine breite Palette von Gegenständen, wie z.B. ein Buch, ein Baseball, ein kleiner Stuhl, eine Vase, ein Spielzeug oder ein Souvenir. Zwar sind sie alle verschieden, jedoch ist jedes Objekt ein alltäglicher Gebrauchsgegenstand, der eine besondere Bedeutung für den Besitzer hat. Die durch scheinbare Erschütterung hervorgerufene Unschärfe der Aufnahmen, die in Wahrheit einzig von der Atmung der jeweiligen Person verursacht wurde, verhindert, dass der Betrachter den Gegenstand genau erkennt. Diese Tatsache bereichert die Arbeit insofern, als dass die Bilder somit aus einer ganz eigenen Perspektive interpretiert werden können.
Die Atmung eines Menschen verursacht feine Schwingungen und die Objekte, die jeweils für eine Weile an den Körper gehalten werden, erscheinen in den Bildern verschwommen. Der Künstler lässt uns auf diesem Weg erfahren, dass wir Wesen sind, die atmen müssen und Dingen Leben einhauchen können. In seiner früheren Arbeit EIDOLON (2003) hatte Kyungwoo Chun Dinge und nicht Menschen, wie in BreaThings, als Sujet. In diesen Arbeiten ist auf den ersten Blick das Porträt eines Menschen zu sehen. In Wirklichkeit handelt es sich aber um das Foto einer leblosen Puppe. Die Atmung des Künstlers verursachte während der Belichtungszeit feine Vibrationen, während er mit der Kamera an seinen Körper befestigt, Auge in Auge vor der Puppe stand, um diese zu fotografieren.
In BreaThings wurde die Bewegung hingegen nicht durch die Atmung des Künstlers verursacht, sondern das Model erzeugte mit einem Gegenstand ein Bild, dessen Entstehung sich langsam über einen längeren Zeitraum erstreckte. In diesem Prozess spielte die fest aufgebaute Kamera nur die Rolle eines Spiegels, der dazu diente das Bild langsam zu erfassen. Das Objekt und der Mensch verschmolzen durch die Atmung allmählich zu einer Einheit in Raum und Zeit. Wie bereits erwähnt, besteht das Anliegen des Künstlers darin, dem Betrachter durch seine Arbeit „BreaThings“ zu vermitteln, dass das Wesen einer Sache nicht in ihr selbst liegt. Vielmehr ändert es sich dauernd abhängig davon, in welchem Zustand wir uns als Betrachter befinden und wird daher jeweils aus einer sehr privaten Perspektive gelesen.
Im weiteren Vergleich mit den früheren Werken des Künstlers bestechen die Bilder der Serie BreaThings neben den interessanten inhaltlichen Aspekten auch durch ihre große formale Schönheit. Seit Believing is Seeing und Versus im Jahr 2007 gezeigt wurden, arbeitet Kyungwoo Chun an den Farbfotografien für diese Serie. Einzig mit den Kleidern der Modelle, den Hintergrundfarben und den Formen der Gegenstände, gestaltet er Aufnahmen von starker visueller Poesie. Man kann in Bezug auf die Serie dadurch auch von einer anderen Art der Porträt-Fotografie sprechen. Die Modelle werden dabei nicht aufgrund ihrer Gesichter, sondern durch Objekte, die sie mit sich führen, erkennbar. »Alle Dinge, die von lebenden Existenzen betrachtet werden, atmen. Und ich wünsche mir, dass dies in meinen Fotografien offenbar wird«, merkt der Künstler an.
(Hyeyoung Shin, Kuratorin)