KayLynn Deveney

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KayLynn Deveney

The Day-to-Day Life of Albert Hastings

Ich traf Albert Hastings 2001, als wir beide in der gleichen Nachbarschaft im Süden von Wales lebten. Bert hatte eine kleine Wohnung in einem Haus gemietet, das früher sicherlich einmal sehr elegant aussah. Mein Mann und ich lebten in einer Erdgeschosswohnung in der Nähe. Wir hatten unser Leben in New Mexico aufgegeben und waren nach Wales gezogen, damit ich eine Hochschule besuchen konnte, um Fotografie zu studieren. Weil wir kein Auto hatten, liefen wir fast täglich zwischen unserer Wohnung und der Innenstadt hin und her, immer an dem Gebäude vorbei, in dem Bert lebte.

Zunächst war ich zu schüchtern um mich Bert vorzustellen. Schließlich lief ich jedoch hinüber, um ihn zu treffen und er empfing mich sehr herzlich. Nicht lange nach unserem ersten Treffen fragte ich ihn, ob er mit mir an einem fotografischen Projekt arbeiten würde und ich begann ab diesem Zeitpunkt viel über sein Leben zu erfahren: seine Erlebnisse, die er im Zweiten Weltkrieg in Groß Britannien gemacht hatte, seine Arbeit als General-Ingenieur und seine Beziehung zu der Flora und Fauna außerhalb seines Hauses. Als wir uns besser kannten bemerkte ich, wie er sein Leben und seine Zeit organisierte, und entdeckte darin eine sehr durchdachte Vorgehensweise.

In meiner eigenen fotografischen Entwicklung begann ich mich immer mehr auf das Thema ›zu Hause‹ und seine Darstellungen zu konzentrieren. Oft suche ich in meiner Fotografie nach den banalen Momenten des Tages – die Eindrücke, die man normalerweise nicht als wichtig genug für einen Schnappschuss erachtet, interessieren mich. Ich suche auch nach häuslichen Mustern und alltäglichen Tagesabläufen, die uns ›zu Hause‹ fühlen lassen oder die uns in unseren Gefühlen wie ein zu Hause bestärken.

Bereits zu Beginn des Projekts teilte mir Bert einige sehr verblüffenden Gedanken zu den Aufnahmen mit, die ich von ihm gemacht hatte. Seine Kommentare ließen mich mehr über die Art nachdenken, wie unterschiedlich wir Fotografie verstanden. Ich fragte mich, wie meine Wahrnehmung seiner Persönlichkeit sich davon unterschied, wie er sich selbst sah. Um seine Einstellung zum fotografieren und seine Reaktionen auf meine Fotos besser verstehen zu können, bat ich ihn kleine Fotos, die ich in mein Notizbuch geklebt hatte, mit Untertiteln zu versehen. Dies erzeugte einen völlig neuen Kontext für die Bilder. Während einige der Aufnahmen durch den Text mit meinen Gedanken, die zu dem Foto geführt hatten, korrespondierten, wurden andere vollständig neu interpretiert. Es gelang uns auf diesem Weg der Arbeit eine kritische zweite Perspektive hinzuzufügen.

Zusätzlich zu den Fotografien von Bert selbst, und den Untertiteln die er schrieb, erzählen die Bilder von seinen gefalteten Pyjamas, seiner Schlafmütze, dem Heizgerät über einem Plätzchen-Topf, und dem einfachen Apparat, den er erfunden hatte, um eine abgebrochene Osterglocke aufrecht in einer tiefen Teetasse zu halten, noch viel mehr von ihm. Ich halte diese Arbeit für eine sehr subjektive Sammlung von ausgewählten Momenten und Details, aber diese kleinen Einblicke geben meiner Meinung nach auch viele Antworten.

Die Zusammenschau von Fotografien zeigt einige von Berts Besitztümern: Zeichnungen, die mit seinem Hobby Uhren zu tun haben, handgeschriebene Fernseh-Listen und alte Fotografien mit von Bert verfassten Gedichten. Solche Dinge übermitteln Information auf eine andere Art: Einige reflektieren Erinnerungen, andere listen einen Aspekt von Berts Tag auf, und wieder andere ziehen die Aufmerksamkeit auf seine kreativen Interessen.

Bert hatte seine Frau vor vielen Jahren verloren, und anschließend auch seine Tochter und seinen Enkel. Bert zog als ich ihn kannte zwei Mal um, zunächst in eine betreute Wohnung, nicht weit weg von da wo er vorher lebte, später näher zu seiner Enkelin, die ihn am meisten unterstützte. Nach und nach wurde es schwieriger für Bert Spaziergänge zu machen, da er nicht genug Luft bekam, und er hatte einige Probleme mit seiner Medikation. Trotz dieser Einschränkungen blieb Berts Charakter stark. Er starb 2007 im Alter von 91 Jahren.

Diese Arbeit setzt da an wo Berts autobiografische Vision, basierend auf Lebenserfahrung und Gefühlen, auf das Auge eines Fremden trifft. Zusammen ergeben unsere Visionen und Versionen seiner täglichen Erfahrungen Seite an Seite eine neue Geschichte. Am Ende des Projekts hatten Bert und ich unsere individuellen Perspektiven behalten, aber ich denke wir fühlten uns bereichert, voneinander gelernt zu haben. Ich für meinen Teil bin es ganz sicher.

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