Die künstlerische Arbeit von Amirali Ghasemi zeigt Bilder von der anderen Seite Irans – des Iran, der unter dem Schleier, hinter den verschlossenen Türen liegt und in Konflikt steht mit den Bildern der nationalen und internationalen Massenmedien. Als Künstler und Kurator setzt sich Ghasemi künstlerisch mit der iranischen Jugendkultur, und ihrer Rebellion gegen die bestehende, überlieferte Gesellschaftsordnung auseinander. Selbst ein Mitglied dieser Kultur, bieten Ghasemis Arbeiten einen privilegierten Insider-Blick auf das sich entfaltende kulturelle Gebiet Irans, mit seiner Topografie großer gesellschaftlicher Offenheit und politischer Liberalisierung. Ghasemis Oeuvre wirft ein Licht auf die Anwesenheit von Transkulturellem in der islamischen Republik und die Zeichen internationaler Einflüsse auf ihre Bewohner; es findet und sucht den Ort des Kontakts und des Prozesses der Verhandlungen zwischen den Traditionen des alten Iran und Modernität, Technologie und Globalisierung. Ghasemis Arbeit erkennt die Gegensätze und Komplexität die, trotz des anhaltenden Tauwetters, aus dem Konflikt zwischen den beiden entsteht, durch den Versuch der mysteriös verwickelten Natur von Irans zeitgenössischen sozialen Umständen auf die Spur zu kommen, Amirali Ghasemis Lösung dieses Rätsels ist gleichzeitig aufzudecken und zu verschleiern, ein Akt der die bestehenden Widersprüche zwischen Kruste und Kern oder Anschein und Realität im Iran reflektiert und der teilweise das Leben im Verborgenen an die Oberfläche kommen lässt.
Ebenso versiert im Grafik-Design, erforscht Amirali Ghasemi diese Ideen in den neuen Medien. Seine Produktionen reichen von Postern, Webseiten und Blogs bis hin zu Fotografien, Installationen, Performances, Videos sowie öffentliche und interaktive Projekte. Ghasemis Verflechtung von Technologie und Kunst erweitert die Grenzen der Ausdrucksmöglichkeiten des digitalen Zeitalters. Sein gesamtes Werk wird dominiert durch computer-manipulierte oder -generierte Bilder, besonders Fotografien, die ein herausgeschnittenes und wieder eingefügtes Aussehen haben.
Ghasemis Party-Szenen Serie ist eine Sammlung von digitalen Fotografien, die auf einer privaten Party im Iran aufgenommen wurden. Es sind informelle Bilder, die einen spontanen Ausdruck haben, Close-ups von Freunden, die freizügige Kleidung tragen, eingefangen im Gespräch, beim Tanz oder Essen. Der Fotograf ist ganz deutlich selbst Teilnehmer in der Szene, was durch den unmittelbaren Zugang zu den Fotografien für uns Betrachter bestätigt wird. Die Party-Szenen Serie ist folglich eine Reihe von intimen, aus dem echten Leben gegriffenen Schnappschüssen der iranischen Jugend. Ghasemis Figuren könnten mit Jugendlichen von überallher verwechselt werden, wären nicht ihre Gesichter und unbekleideten Körperteile überdeckt. Amirali Ghasemis Vertuschung der Identität des Abgebildeten geschieht teilweise um dessen Sicherheit zu gewährleisten, aber auch um die geheime Natur dieses westlichen Lebensstils hervorzuheben, ein Lebensstil der vehement durch die Konservativen im Iran bekämpft wird. Ironischerweise ist die Art, in der Ghasemi seine Figuren tarnt ähnlich der, wie weibliche Körper in Bildern in der islamischen Republik zensiert werden. Im Gegensatz zum Verdecken der Abgebildeten mit einem unterdrückenden Schwarz, wählt Ghasemi strahlendes Weiß, eine Manifestation ihrer Lebendigkeit. Ghasemis Partygänger sind auf diese Art eher Leuchtfeuer in der sich langsam entwickelnden gesellschaftlichen Freiheit im Iran.