Noel Jabbour

<   >

Noel Jabbour

One Million Dollar Houses

Noel Jabbours One Million Dollar Houses bietet dem Betrachter einen flüchtigen Blick auf die Sozial-Ökonomie des amerikanischen Südens. Dennoch bleiben diese Bilder sehr zeitgemäß in der Art, in der sie einen über die momentane U.S. Kredit- und Versicherungs-Ökonomie nachdenken lassen. In Galveston, Texas, wo Noel Jabbour Million Dollar Homes fotografiert hat, waren viele dieser Haustypen einst Ferienhäuser für die gehobene texanische Mittelschicht. Die Idee der One Million Dollar Houses wurde ein einprägsamer Slogan, mit dem dortige Immobilienmakler und die Menschen in dem Gebiet die luxuriösen Villen bezeichnen, die entlang des Golf-Küsten-Strands gesprenkelt liegen. Dieser Häusertyp wurde oft gebaut, um bis zu 12 Personen zu beherbergen, das Grundstück ist im Schnitt 190.000 Quadratmeter groß.

Hinter dem Preisschild und der Baubeschreibung haben diese One Million Dollar Houses eine vollkommen amerikanische Ästhetik. Der weiße Lattenzaun ist das bildliche Gütesiegel des amerikanischen Traums. In einigen der Fotos erscheint der weiße Lattenzaun eher wie eine Verzierung und nicht wie eine Art Umzäunung. Die Farbpalette und Architekturelemente verströmen einen archetypischen amerikanischen ›Southern Look‹. Die langen und weiten plantagenartigen Veranden stehen leer und sind bereit für das Sommervergnügen an der Golfküste.

Jedoch erzeugen die Eine-Million-Dollar Häuser eine Psychologie außerhalb der Zeit von Urlaub und Vergnügen. Noel Jabbour rahmt ihre Objekte mit einer Einfachheit, die ein Gefühl für Leere und Verlassenheit erzeugt. Der Betrachter wird auf Abstand gehalten und sieht von weit weg auf die leerstehenden luxuriösen Villen. Der weiße Lattenzaun durchschneidet den Vordergrund und erzeugt eine Unzugänglichkeit zu dem Bereich hinter dem Lattenzaun und dem Nebel. Der Nebel macht alle Details weicher und löst die Eine-Million-Dollar Häuser in einem temporären Limbus auf. So wird es schwierig die Zeichen von Verfall, Schäden, Abnutzung und den Zahn der Zeit zu sehen. Der Nebel trägt durch jede Fotografie einen indifferenten und kühlen Farbton. Er erzeugt ein surreales Bild, lässt den Horizont zusammenfallen und begräbt jeden Orientierungssinn außerhalb des weißen Lattenzauns.

Diese Eine-Million-Dollar Häuser sind in einem traumähnlichen Stadium eingefangen, das Gedanken an die Gemälde von verlassenen ländlichen Häusern von Edward Hopper heraufbeschwört. In den 1960er Jahren, als der französische Surrealist André Breton im amerikanischen Exil lebte, lernte er Edward Hoppers Arbeit kennen. Breton interessierte sich für Hopper als ein ›amerikanischer Surrealist‹, dessen Arbeit die Fähigkeit hat, die entnervende ›Synthese von Realität und Traum‹ auszudrücken. Hoppers Gemälde von verlassenen Heimen fangen eine sozial-ökonomische Erscheinung der Bewegung von Reichtum und Population ein. In den 1950er und 1960er Jahren verließ ein großer Teil der Bevölkerung die ländlichen Heime auf der Suche nach Arbeit und Chancen in einer industrielleren Stadt. Jabbours formale Untersuchungen haben ein paralleles Interesse in der Synthese von sozio-ökonomischer Realität, Traum und Phänomen hinter dem amerikanischen Streben nach Reichtum und Immobilie.

(Rosalinda Gonzalez, Selbstständige Kuratorin und Medien Künstlerin)

↑ nach oben zum Seitenanfang ↑

<   >