Ana Opalić

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Ana Opalić

Selfportraits – Bildstrategien der Romantik

Ana Opalić begann ihre Serie selfportraits 1994. Als ›work in progress‹ stellt sie die Frage nach der Identität der Künstlerin und ihrer Positionierung innerhalb der vorgegebenen gesellschaftlichen Struktur. Sie inszeniert sich selbst im statischen Bildraum der Fotografie. Das Portrait ihrer selbst, also die fixierte Kopie ihres Spiegelbilds, wird zur Reflektion über Kategorien der Wahrnehmung und ihrer Funktionsmechanismen. Ana Opalić thematisiert das Sehen als solches, aber stets als Sicht ihrer selbst, als Selbstreflexion. Selbstreflexion nicht weil sie sich selbst portraitiert und ihre physische oder psychische Verfasstheit untersuchen würde. Sondern weil sie die Aufnahmen durch ihre eingenommenen Posen so inszeniert, als handle es sich um das fotografische Dokument einer Performance in der Natur oder in den eigenen vier Wänden. Die Künstlichkeit der Inszenierung bleibt unverkennbar, um den Bildinhalt auf eine metaphorische Ebene zu heben. Die Frage soll sich stellen: was ist es, was ich – die Künstlerin – sehe, wie ist das Bild, das ich mir von der Welt mache, wie bewege ich mich inmitten dieser Welt, und wie vermittle ich diese Sicht nach außen? Man wird sich hier der Bildebene als solcher bewusst, die sich zwischen den Betrachter und der Betrachteten schiebt, die ja selber betrachtet. Indem Ana Opalićs Aufnahmen die Erinnerungsspuren der aus dem Bildfeld entrückten Fotografin zeigen, thematisieren sie die Abwesenheit des Anwesenden genauso wie die Anwesenheit des Abwesenden.

Dem Kanon der romantischen Malerei folgend, inszeniert sich Ana Opalić als Identifikationsfigur für den Betrachter – ähnlich den Rückenfiguren in Caspar David Friedrichs Gemälden. Auch sie steht als einsame Figur mit dem Rücken dem Betrachter zugewandt auf einem Hügel und blickt von oben herab auf die Weite des Meeres und die den Bildrahmen sprengende Unendlichkeit des Horizonts. Sie steht am Meer, im Gebirge, im Wald, erscheint ganz in sich geschlossen, fügt sich in die Natur ein, wird mit ihr eins. Die Stille und Ruhe der Situation, das Eingebettet-Sein in die Natur, der sehnsüchtige Blick in die Ferne, macht die Melancholie dieser Bilder aus. Wie in Caspar David Friedrichs Gemälden sind Ana Opalićs Rückenfiguren Metaphern der Naturzugewandtheit. In ihrer Erstarrung scheinen sie der Zeit entrückte rhetorische Figuren zu werden, Symbol des als schmerzlich empfundenen Hineingeworfenseins in die Welt. Die Landschaft wird zum Seelenraum.

Die Natur als Gegenspielerin einer dem Menschen feindlichen Kultur wird zum Trostraum. In der Kultur wartet die Einsamkeit. Aber Zuflucht in der Natur suchend, wartet das eigene Ich. Den Blick auf den Horizont gerichtet, wird das Innere projiziert auf das Jenseits des Bildes, das sich nur im Inneren des Betrachters finden kann.

(Galerie Heinz Bossert, Köln)