Peter Puklus’ erste Veröffentlichung, das raffinierte Manifest seiner Art Poetica, trägt zu Recht den Titel Handbook to the Stars, portraitiert er doch mit diesem Handbuch sein eigenes Universum und bietet Einblicke in die wechselseitigen Beziehungen seiner fotografischen Arbeiten, die wie relativ nahe beieinander liegende Galaxien durch ihre Schwerkraft aneinander gebunden sind.
Die Bilder funktionieren durch und neben einander, ohne Reihenfolge und Chronologie, sondern existieren einzeln, selbst wenn sie Verbindungen herstellen und deren Mustern folgen. Deshalb passen sie in diesem Buch nicht unbedingt auf eine Seite; ihr Ort wird durch imaginäre Distanzen bestimmt. Das lässt sie zwangsläufig fragmentiert wirken, mal klein, mal groß, eben exakt gemäß ihrer Koexistenz im Bilderuniversum des Künstlers.
Puklus’ Werk ist weder dokumentarisch noch lässt es sich anderen fotografischen Genres wie Inszenierung, Portrait oder Stillleben zuordnen. Frei von Konventionen arbeitet er gemäß seiner Logik und seines Interesses und wechselt ganz selbstverständlich Genres, Themen und Medien. Der Zufall spielt in seinem Werk eine geringe Rolle. Der berühmte entscheidende Augenblick ist irrelevant, weil er auf konzeptueller Ebene bereits stattgefunden hat. Seine Fotografien visualisieren fertige Konzepte, die er zunächst in Skizzen und Notizen ausarbeitet, bevor er sie akribisch nachbildet und mit einer analogen Kamera festhält.
Damit steht Peter Puklus’ Werk im fotografischen Trend unserer Zeit. Während viele Fotografen noch in den neunziger Jahren auf rein Dokumentarisches fokussierten, steht heute die persönliche Interpretation der Welt oder, vielleicht genauer, die Interpretation einer inneren Welt im Mittelpunkt.
Und obwohl die Fotografie das wichtigste Medium des Künstlers ist, arbeitet er nicht mit rein fotografischen Methoden. Sein Ansatz ähnelt oft dem eines Bildhauers oder Installationskünstlers. Bei seinen in atelierähnlichen Settings geschaffenen Kompositionen handelt es sich vielfach um räumliche Konstruktionen, Modelle oder Collagen. In seinen formalen Studien begegnen wir fragilen Konstruktionen, aber auch Objekten, die er mal leicht, mal radikal verändert, immer mit einem Blick für das Zusammenspiel von Linien und geometrischen Formen. Er sucht aber nicht nur im Atelier nach formalen und dreidimensionalen Aspekten, sondern auch bei der Arbeit in der Natur und in urbanen Räumen.
So wie er mit Objekten und Formen experimentiert, so experimentiert er auch mit Technologien. Wenn nötig, tauscht er das statische gegen das bewegte Bild, kombiniert Positive und Negative und wechselt zwischen Schwarzweiß und Farbe.
Die Zeit, die durch eine gewisse Langsamkeit und Ruhe definiert ist, ist ein interessanter Aspekt. Zeitraubend ist nicht nur der Prozess, der dem tatsächlichen Bild vorausgeht, auch das Fotografieren selbst geschieht generell langsam und sorgfältig. Vielen seiner Motive wohnt eine gewisse Vergänglichkeit oder sogar Zeitlosigkeit inne. Auffallend sind vor allem die Arbeiten, in denen Puklus unter Verwendung von Grundstoffen und selbst gefertigten Objekten an die figurative Sprache der Avantgarde und des Konstruktivismus erinnert, oder die Aufnahmen klassischer Skulpturen, die in verschiedenen Kompositionen auftauchen. Lampen gehören zu den besonders häufig wiederkehrenden Motiven, sie werden in eine bestimmte Beziehung zueinander gesetzt oder so aufgehängt, dass man sofort an die Bahnen von Himmelskörpern denkt.
Es wird oft behauptet, dass sich die Fotografie heute dramatisch verändere. Aber war das je anders? Auch bei der digitalen Fotografie ging man davon aus, dass sie die langsamere analoge Technik schon bald ersetzen würde, und das Fotobuch wurde seit den Anfängen des Internet und der erweiterten digitalen Präsentationsmöglichkeiten ins Reich der Geschichte verwiesen. Dabei spricht gerade die enorme und wachsende Beliebtheit des Fotobuchs zumindest im Augenblick eher für das Gegenteil.
Puklus’ Universum ist ein Argument für dessen Überleben, genauso wie für das Überleben der analogen Fotografie.
(Claudia Küssel – FOAM)
Installationsansicht von Peter Puklus’ Buch Installation bei FOAM 3h Amsterdam, bestehend aus 32 Exemplaren seines Buches