Die Protagonisten auf Tim Rodas Schwarzweiß-Fotografien sind seine Frau, seine Söhne sowie der Künstler selbst.
Dennoch haben die Abbildungen nichts mit einem klassischen Familienportrait zu tun. In Rodas inszenierten Szenen werden Kindheitserinnerungen und Familientraditionen zum Ort individueller und gesellschaftlicher Mythenbildung. Roda sagt: »Every scene that has been created was first envisioned in my mind and then played out by my family … the work is filled with metaphorical reverberations of my family history and my memories of childhood.«
Dabei verwischt er die Grenzen zwischen autobiographischen und kunsthistorischen Bezügen, Vergangenheit und Gegenwart sowie Privatem und Öffentlichem.
Die häufig düster anmutenden Szenarien mit ihren symbolisch aufgeladenen Requisiten inszeniert Tim Roda penibel in seinem New Yorker Atelier. Durch die Verwendung einfacher Materialien wie Holz, Ton, Gips, Papier und gewöhnlichen Alltagsdingen scheinen diese Kulissen dann allerdings meist etwas provisorisch.
Und auch die photographischen Abzüge spielen mit der Anmutung des Amateurhaften: Der Künstler beschneidet das Fotopapier mit der Hand und lässt es zu, dass chemische Spritzer und andere Unregelmäßigkeiten von der analogen Herstellung im eigenen Labor künden.
Im Gegensatz zur glatten Oberfläche digitaler Prints betonen diese Bearbeitungsspuren auch formal den inhaltlich gegebenen Charakter des Selbstgemachten und Intimen.
Das rätselhafte Geschehen lässt die Fotografien wie Bruchstücke von Erzählungen erscheinen, in denen sich Vertrautes mit Fremdem und Bekanntes mit Unheimlichem mischt.
Die gängigen Vorstellungen von Familie werden in Rodas Fotografien dekonstruiert und auf eine surreale Weise neu zusammengesetzt.
Hajo Schiff schreibt: »Es ist richtig, die Familie ist die Keimzelle des Staates. Doch in dieser Zelle gibt es eben mehr, als die bis heute vielerorts aufrechterhaltene, zwanghaft harmonische Oberfläche des amerikanischen Traumes. Das weiß zumindest das Kunstpublikum und findet Gefallen an Tim Rodas Blicken hinter die Gardinen.«
(Nasim Weiler, Courtesy Galerie Anita Beckers, Frankfurt und Nasim Weiler)