In den sechziger und siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts herrschte in den bundesdeutschen Städten Aufbruchstimmung. Man wollte Neues wagen, Städte anders gestalten, anders bauen und wohnen. So begann 1972 der Bau des Ihme-Zentrums in Hannover – eines hochverdichteten Wohn-, Arbeits- und Verkaufskomplexes, einer ›Stadt in der Stadt‹, die sowohl für die gut betuchten als auch sozial schwächeren Bürger Hannovers zu einer neuen Heimat werden sollte.
Bereits drei Jahre später zogen die ersten Mieter ein. Nach anfänglicher Euphorie machte sich schnell Ernüchterung breit. Zu viele architektonische und bauliche Lösungen entpuppten sich als falsch. Die öffentliche Wahrnehmung des sich derweilen auf 285.000 m² erstreckenden Ihme-Zentrums kippte ins Negative. So wurde der Komplex immer mehr als trostlose Betonwüste mit zugigen und gefährlichen Durchgängen wahrgenommen.
Der endgültige Niedergang dieser Utopie begann, als 2006 die Rekultivierung des Ihme-Zentrums beschlossen wurde. Das städtebauliche Experiment der sechziger Jahre sollte zum modernen Konsumtempel mit zweitklassigen Geschäften umfunktioniert werden. Doch im Zuge der Finanzkrise wurde das Vorhaben gestoppt und der halb abgerissene Komplex den verbliebenen Einwohnern überlassen.
In seinem Jetztzustand ist das Ihme-Zentrum nicht nur ein Symbol einer gescheiterten städtebaulichen Utopie. Es ist auch zum Symbol einer konsumorientierten Gesellschaft geworden, der – außer einer zweifelhaften Prognose eines angeblich ewig andauernden Wachstums und Konsums – der Sinn für Utopisches und Visionäres völlig abhanden gekommen ist.
Die Fotoserie Outopia beschreibt die Melancholie dieses Ortes, der dem allmählichen Siechtum und der Agonie preisgegeben wurde. Der allgegenwärtige Verfall und die damit einherschreitende Verwahrlosung des städtischen Raumes zeigt sich in den abstrus wirkenden Szenarien, die sich bewusst zwischen Dokumentation und Inszenierung bewegen. Ohne Titel, aus der Serie Outopia, 2009-2010