Przemysław Pokrycki

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Przemysław Pokrycki

Rites of Passage

Ein Ritual, das einen Übergang, eine Veränderung, einen Moment des Wechsels von einem Lebensabschnitt zum nächsten markiert. Der genaue Moment der Veränderung: das Leben eines Individuums verändert sich, eine Familie verändert sich, eine Gesellschaft verändert sich. Das Ritual, das diese Veränderung heraufbeschwört, bleibt. In seiner Essenz bleibt es gleich.

Anthropologen, im Besonderen Arnold van Gennep, der Meister der Thematik, verstanden Rituale des Übergangs als ein universales Element der menschlichen Kultur. In unzähligen Formen über den ganzen Globus verteilt, bringen uns, den Menschen, solche Rituale durch den Kreislauf des Lebens. Leben, das nicht die ganze Zeit das gleiche ist. Vom Anfang bis zum Ende ändert sich das Leben. Und nicht nur allmählich, Tag für Tag, nach und nach. Manchmal ändert es sich radikal; es erreicht einen neuen Abschnitt, ein neues Kapitel, wie wir so sagen. Um das Alte zurück zu lassen und das Neue zu begrüßen, muss man eine Schwelle überschreiten. Dieses Überschreiten ist ein kritischer Moment; dafür benötigen wir ein Ritual.

Eine Grenze zwischen einem Abschnitt und einem anderen, ein Scheideweg, in der volkstümlichen Kultur – oder in jedweder Kultur, wenn auch nicht immer unbedingt – wird als der gefährlichste Moment wahrgenommen. Gefährlich, weil Regeln, die unser Leben im vorhergehenden Abschnitt bestimmten, nicht mehr gültig sind; Unsere einst festgelegte Identität wird zurückgelassen. Bevor wir den nächsten Abschnitt mit neuen Regeln und neuer Identität betreten, sind wir ›weder hier noch dort‹, wir bleiben außerhalb, undefiniert. Wir werden von externen, unvorhersehbaren Kräften, Geistern und Dämonen bedroht. Wir brauchen Schutz, um das zu überstehen. Und es gibt viele Wege für uns selbst solchen Schutz zu beschaffen, auch wenn wir ihn nicht als solchen verstehen.

Andere Menschen beschützen uns. Deswegen ist es wichtig zusammen zu sein, umgeben zu sein von Verwandten und solchen, denen wir trauen und um die wir uns sorgen. Feuer wird uns beschützen, also zünden wir Kerzen an. Weiß ist ein Symbol der Unschuld, deswegen die weißen Brautkleider, Kleider, Blumen, Tischdecken, Geschirr. Musik und Gesang verjagen böse Geister. Gebete und religiöse Symbole wie Kreuze erzeugen eine heilige Barriere. Blumen und immergrüne Pflanzen dienen als Symbole des Lebens und der Vitalität, vom Leben, das den Tod besiegt, wie grünes Laubwerk den Winter. Eine Fülle von Früchten, Lebensmitteln und Getränken als ein Versprechen der immerwährenden Fruchtbarkeit der Erde, der Beständigkeit des Lebens.

Die Macht des Rituals entsteht durch seine Erhabenheit und der symbolischen Bedeutung. Symbolische Gesten haben im gewissen Sinne ›magische‹ Kräfte, welche durch ihr Ausüben freigesetzt werden. Wir müssen nicht notwendigerweise die Bedeutung hinter jeder Geste kennen; sie auszuführen lässt das Ritual funktionieren. Ein Ritual folgt von der Tradition vorgeschriebenen Mustern: ›so gehört es sich‹ ist alles, was wir wissen müssen.

Obwohl sich die polnische Gesellschaft modernisiert und trotz dass eine Feier des gleichen Ereignisses, wie z. B. Taufe, Erste Kommunion, Hochzeiten und Beerdigungen, völlig andere Formen in den verschiedenen Teilen Polens und in den verschiedenen sozialen Schichten angenommen haben, haben sie doch noch den gleichen Ausdruck. Die Kraft und der Sinn für sowohl Rituale und das, was manchmal ›nationaler Charakter‹ genannt wird, ist der allgemeine Kern, der aus dieser großen Vielfalt entsteht.

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