Das Projekt Covergirl beschäftigt sich mit Bedeutungsaufladungen, Zirkulations-, Rezeptions- und Kontextbedingtheiten fotografischer Bilder im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Systemen Politik und Kunst, sowie mit Erinnerung und Geschichtsrekonstruktion, Vergangenheit und Gegenwart. Ausgangspunkt bzw. Untersuchungsgegenstände dieser wesentlich auch biografisch motivierten Arbeit sind 2 SW-Kleinbildnegativfilme aus dem Jahr 1983, aufgenommen in der Mecklenburgischen Landschaft und eine Publikation aus dem Jahr 2007, die in Zusammenarbeit zwischen der Galerie für Zeitgenössische Kunst, Leipzig und der spanischen Künstlerin Dora Garcia erschienen ist.
Das Titelbild dieser Publikation zeigt ein Motiv, der eine Fotografie zu Grunde liegt, die Tina Bara nackt mit einem schwarzen Balken über den Augen abbildet, zusammen mit der Textzeile BStU-Kopie MfS HA XX/Fo/689 Bild 9. Im ersten Kapitel des Künstlerbuches und als gerahmtes Bild im Galeriekontext erscheint es im Zusammenhang mit anderen Abbildungen einer Gruppe junger Frauen, die relevant genug war, um diverse Akten im ausufernden Archiv der Staatssicherheit – dem absurd-monströsen Überwachungssystem der DDR – zu füllen. Wespen war der Deckname für einen operativen Vorgang, der sich mit den Frauen für den Frieden beschäftigte – eine oppositionelle linke Vereinigung der DDR gegen den zunehmenden, auch zivile Bereiche durchdringenden, Militarismus in der DDR und die Aufrüstung im Rahmen des kalten Krieges.
Von der Entdeckung und Zirkulation des Covergirls und des damit verbundenen Bildfundus ausgehend – ursprünglich private Erinnerungsfotografie ambitionierter Amateurfotografinnen (Katja Havemann und Tina Bara) mit politischem Hintergrund, dann Dokument und Beweismaterial der Staatssicherheit, dann Kunstgegenstand – thematisieren Tina Bara und Alba D'Urbano aktuelle Fragestellungen zur Kunst- und Medienpraxis, sowie die subjektive Rekonstruktion von persönlich erlebter Geschichte. Recherche, Analyse und poetisch-metaphorische Narration werden in dem multimedial angelegten Projekt vielschichtig miteinander verzahnt. Darüber hinaus erfährt das Motiv des ›nackten weiblichen Körpers am See‹, über die Jahrhunderte in der abendländischen Kunstgeschichte fest verankert, hier aus einer weiblichen und politischen Perspektive heraus eine entsprechende konkrete zeitgenössische Aneignung. Die gesamte Arbeit setzt sich aus mehreren Teilen zusammen, die sich insgesamt als Installation ergänzen, jedoch auch als singuläre Arbeiten funktionieren.