Christoph Franke

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Christoph Franke

Vom Wesen der Dinge

Ich bin inspiriert von der Vorstellung, dass fotografische Abbildungen nicht nur tote Materie sind, die lediglich anhand von optischen Informationen Erfahrungen und Assoziationen im Gehirn ihrer Rezipienten hervorrufen, sondern ähnlich wie Wasser Energie speichern und abgeben.

Geprägt durch die Begegnung mit dem Alchemisten und Fotografen Marino Lazzeroni verfolge ich dabei die Idee »Zen in der Kunst des Bogenschießens« auf die Fotografie zu übertragen und den Kamerauslöser im Moment des Einsseins mit dem Motiv zu betätigen.

Mit Demut und tiefem Respekt vor der Natur begegne ich in meiner Fotoserie Bäumen, die ich als Mittler zwischen Geist (Energie in Form von Licht und Luft) und Materie (Erdreich, wachsende Baummasse) empfinde.

Mit Hilfe einer manuellen nicht automatisierten Stitchingtechnik habe ich Baumkronen aus 25 bis 35 Einzelaufnahmen zusammengesetzt. Beim Aufnahmeprozess ertaste ich den Baum für ungefähr 20 Minuten. Eine Zeit, in der der Baum lebt, wächst und altert. Diese Energie fließt in das Foto ein.

Technisch betrachtet hebt die Vorgehensweise die Bildauflösung und Tiefenschärfe über die einer Großbildkamera. Bei einem Fotoabzug der Größe 110 × 150 cm kann man bis auf eine Nasenlänge an das Bild herantreten und sieht alle Details klar und deutlich abgebildet.

Ich komponiere die Baumkronen auf dem Kopf stehend, um den Betrachter weg von Einschätzungen des Verstandes auf seine reine Wahrnehmung zu führen. Die freigestellte Präsentation vor einem neutralen Hintergrund konzentriert die Aufmerksamkeit.

Aus philosophischer Sicht kann man in den Baum hineintauchen. Die extrem genaue Übertragung des Naturwesens auf ein ruhendes Betrachtungsmedium lässt eine persönliche Begegnung zwischen Mensch und Natur zu. Das Auge folgt den Ästen stufenweise über Rindendetails und Zweige zu kleinsten Verästelungen und schließlich in den scheinbar leeren Raum dazwischen.

Das Ergebnis ist die Visualisierung der alchemistischen Idee »Wie innen, so außen; wie unten, so oben«.