Am 24. Juni 1542 wird der Konquistador Francisco de Orellana mit seiner Schar auf der Suche nach dem sagenhaften Goldland Eldorado von indigenen Kriegerinnen angegriffen. Der Dominikanermönch Gaspar de Carvajal vermerkt in seinem Tagebuch: »Dann kamen wir in das Reich der Amazonen. Sie kämpften gegen uns als Anführer an der Spitze ihres Volkes, mit langen Haaren und fast nackt, mit Pfeil und Bogen bewaffnet und so tapfer wie zehn Krieger.«
Der altgriechische Mythos von den Amazonen, die sich als hehre Kämpferinnen für den unbehinderten Bogenschuss eine Busenhälfte ausbrennen ließen, flammt wieder auf und so wird der Fluss, auf dem die Expedition unterwegs war, Fluss der Amazonen, Rio Amazonas genannt.
Schon lange vor dem Erscheinen der Spanier in der Neuen Welt gab es in den indianischen Kulturen Geschlechterrollenwechsel oder fließend ineinander übergehende Geschlechterkonzepte. Die moralischen Vorwürfe gegen die Kulturen der Ureinwohner legitimierten die europäischen Eroberer und Kolonisten im Namen Gottes, diese zu zerstören und sich das Land anzueignen. Die Unzugänglichkeit des Regenwaldes schützte Traditionen und Riten über die Jahrhunderte und so leben noch immer eine Vielzahl transsexueller Menschen in verschiedenen Orten des Amazonas Gebiets. Inmitten seiner tropischen Fülle an Formen und Farben, an Früchten und Getier scheint es sich dort trotz Diskriminierung und Macho geprägter Gesellschaftsstruktur leichter zwischen den Geschlechtern zu leben.
Ich habe Transvestiten in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld porträtiert. Sie haben vorab durch Kleidung und Schminke ein repräsentatives Selbstbild entworfen. Der häufige Einsatz von camouflageartigem Make-up und die farbliche Betonung von einzelnen Gesichtspartien lässt eine Nähe zur Malerei entstehen, die durch die Wahl der Hintergründe unterstützt wird. In dieser Verbindung avancieren sie zu Kunstfiguren, deren melancholische Schönheit jedoch bei näherer Betrachtung Brüche erfährt, die ihnen dennoch ihre Würde nicht nimmt.
Parallel dazu inszenierte ich Stillleben, in denen exotische Früchtearrangements durch die Kombination mit tierischen Fragmenten Irritationen hervorrufen. Schönheit und Verletzlichkeit, Paradies und Qual stehen sich hier als Metapher für das Leben der Protagonistinnen gegenüber.
Der altgriechische Begriff A Mazo (ohne Brust) steht als Synonym für diese Frauen, die in einem männlichen Körper leben, und der Situation ihrer gesellschaftlichen Abwertung und Chancenlosigkeit kaum entfliehen können.