»Die Arbeiten der Gruppe Prelude des Fotografen Martin Mlecko sind abstrakte Farbfotografien. Sofort fällt die anziehende Brillanz der Farben auf, die in unterschiedlichen Farbspektren über das Bild wachsen. Ein Spiel zwischen klar begrenzten Farbfeldern, amorphen Farbverläufen und harten, wenngleich harmonischen Farbkontrasten, kennzeichnen die Bilder. Ein warmes Rot trifft auf ein kaltes Blau, Töne der gleichen Farbfamilien gehen Rothko-artig in andere Farbräume über. Senkrechte und scharfe Kanten kennzeichnen die Bilder, die durch das Aufeinandertreffen von zwei oder mehreren Farbfeldern leben. Gleissende Strahlen verschiedener Farbtöne durchschneiden die Farbräume und erinnern an das blendende Licht eines Lichtstrahls, der in einem sonst dunklen Raum scheint.
Martin Mleckos Arbeiten sind Abzüge analoger Fotografien, wenngleich sie aus einem Moment der Aufnahme stammen, der nicht vorhersehbar ist. Sie sind ein Abbild zwischen dem Zufall des Entwicklungsprozesses und der Kontrolle des gewählten Motivs der Fotografie. Der Zufall wird hier zum Gestaltungsmittel und erfindet einen neuen Raum zwischen Realität und Fiktion, Faktizität und Poesie. Der Zufall ist auch der Augenblick, in dem die Arbeiten Mleckos ein malerisches Moment erlangen und sich das Fotografische und das Malerische im Bild überlappen. Die Kontrolle, die durch den gewählten Zeitpunkt des Abdrückens und dem darauffolgenden Belichten des Films bewahrt ist, wird durch den Moment eines chemischen Prozesses konterkariert, ein Vorgang der Farben produziert, die nicht vorhersehbar sind.
Bereits in früheren Arbeiten hat Mlecko als Fotograf mit Farben gearbeitet und seinen gegenständlichen Fotografien Farbfelder zur Seite gestellt. In der Videoarbeit Filmtapete verlangsamt er den Wechsel farbiger Flächen von einer in eine andere Farbe so sehr, dass dieser Prozess für den Betrachter kaum merkbar ist. In Prelude sind Farbverläufe wiederum auf dem Papier festgehalten und bilden, obwohl erstarrt, einen dynamisch wirkenden Raum, der durch die Wirkung der verschiedenen Farbtöne eine räumliche Dimension entstehen lässt. Es verbinden sich Gegenstand und Farbe zu einem Amalgam, das die Metamorphose des chemischen Prozesses der Belichtung zur Bildwerdung entstehen lässt. Martin Mlecko ist vielleicht in keinem Augenblick mehr Fotograf als in diesem, wenn er den Negativfilm auf Spuren untersucht, die neben dem gewollt Festgehaltenen eine neue und ganz andere, nämlich eine malerische Spur, aufweist. «
(Christina Lehnert)