»Bei ihrer Bildserie RAYDIATOR (seit 2011) arbeitet die Künstlerin Ria Patricia Röder ausschließlich mit Licht. Sie verzichtet auf die Kamera und belichtet ihre Gegenstände direkt auf dem Fotopapier. Der Titel ihrer Bilder könnte aussagekräftiger nicht sein. Er greift zurück in die Geschichte der Fotografie und spielt auf den amerikanischen Fotokünstler Man Ray (1890–1976) an, der für sich in Anspruch nimmt, als erster kameralose Fotogramme geschaffen zu haben. Zugleich macht er aber durch den Begriff des Radiators auch geltend, dass die Geschichte der Fotografie nicht kalt und abgelebt im Archiv ruht, sondern durchaus Hitze und Lebendigkeit für die Gegenwart bereithalten kann.
Bei den Bildern dieser Serie legt Röder nicht nur Gegenstände wie Folien, Dosen, Karton und Drahtbänder auf das Fotopapier, sondern auch sich selbst oder ein Modell. Dann wirft sie in der Dunkelkammer farbiges Licht auf ihre Inszenierungen. Sie arbeitet in Etappen, wodurch nicht nur Zeit und Veränderung mit in die Bilder treten, sondern auch ihr komplexer Collagecharakter entsteht. Ein fraglos ebenso modernes wie zeitloses Moment, das der Diagnose von T. S. Eliot (1888–1965) entspricht, der in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts dichtete, was wir heute in Händen hielten, sei ›just a heap of broken images‹, nur noch ein Haufen zerbrochener Bilder. Röders großformatige Fotogramme partizipieren in überzeugender Weise einmal mehr an zwei Wirklichkeiten. Sie sind zugleich Fotografie und Malerei. Ihre strahlende, psychedelisch anmutende Farbigkeit ist überwältigend. Darüber hinaus sind die Aufnahmen ebenso gegenständlich wie abstrakt. Auf diese Weise überlisten sie nicht nur den indexikalischen Charakter der Fotografie, sondern schaffen einmal mehr eine offene Dimension für die schöpferische Mitarbeit des Betrachters. «
(Auszug aus: Michael Stoeber: »Die Hitze der Gegenwart. Zum Werk von Ria Patricia Röder«, Salzgitter 2012)