Die installativen Fotografien von Johannes Kersting nehmen in besonderer Weise Bezug auf den Umraum ihrer Präsentation. Sie können als erweiterte oder ›extended photography‹ betrachtet werden. In Kerstings meist abstrakt-konstruktivistischen Motiven sind die Grenzen zwischen Malerei und Fotografie bewusst fließend gehalten.
Sie postulieren, geschult an den Errungenschaften der Malerei, in einer ungewohnten Melange aus konstruktivistisch-geometrischen Grundstrukturen und dem üppigen Einsatz von Farbe, die Versöhnbarkeit klassischer und zeitgenössischer Bildgebungssysteme.
Daraus ergibt sich ein kalkuliertes Spiel mit den etablierten Erwartenshaltungen an das fotografische und das malerische Medium. Können wir Bildern überhaupt noch vertrauen? Handelt es sich um Fiktion oder Faktum? Hier wird eine Gratwanderung zwischen Dokumentation und Konstruktion eröffnet. Denn obwohl sich diese fotografischen Aufnahmen nicht dem Beschreiben bzw. der authentischen Wiedergabe der Wirklichkeit verschrieben haben, handelt es sich nicht etwa um retuschierte Collagen, sondern um genuine, unbearbeitete, fotografische Bilder, deren kompositorische Vorgaben spielerisch in den Raum erweitert werden. Die erweiterten Fotografien werden durch installativ-malerische Eingaben intensiviert und fortgeschrieben, so dass gerade die architektonischen Elemente in den Bildern in einen überraschenden Dialog mit dem Ausstellungsraum treten. Auf diese Weise entsteht eine ästhetische Improvisation über die Fortführbarkeit der Abbildung im Realen.