Die Erkenntnis, dass in Deutschland kaum noch ursprüngliche Natur existiert, ließ mich das, was ich bisher als solche wahrgenommen habe, mit anderen Augen sehen. Offenbar nimmt jede Generation ihre Umwelt als natürlich gegeben und damit ursprünglich wahr. Dabei hat der Mensch seit Beginn der landwirtschaftlichen Nutzung die Natur kontinuierlich verändert.
Hat eine ›ursprüngliche Natur‹ jemals existiert und wie sah diese aus? Ist das Verschwinden dieser Ursprünglichkeit ein Verlust oder ein natürlicher Prozess?
In einer 4000 Kilometer langen Rundreise durch Deutschlands Landschaften und Nationalparks habe ich mich auf die Suche nach den Reststücken der deutschen Wildnis begeben. Um Fotomaterial zu sammeln und folgende fünf Themengebiete herauszuarbeiten: Fluss/Begradigung, See/Staudamm, Küste/Landgewinnung, Moor/Trockenlegung, Wald/Bewirtschaftung.
Für jede Thematik wurden zwischen 20-30 unterschiedliche Fotografien in kleine Teile zerlegt und diese Bruchstücke rasterartig zu einer neuen Landschaft herausgearbeitet. Für das Nachbilden einer ursprünglichen Flusslandschaft musste beispielsweise auf sehr unterschiedliches Bildmaterial von Rhein, Stauseen, Nord- und Ostsee, Salzwiesen, Kanäle in Niedersachsen, Moore in Mecklenburg-Vorpommern und Wiesenlandschaften im Oderbruch zurückgegriffen werden. Anhand von Gemälden, Bildern, Texten und imaginativen Erinnerungen habe ich versucht, die mir fremde Wildnis nachzuformen.
Die entstandenen Arbeiten setzen sich aus zwischen 560 bis 748 einzelnen Teilen zusammen. Eine derart zerstückelte Landschaft kann durch die Wahrnehmung des Auges aus der Distanz und der Erinnerung als Gesamtbild gelesen werden. Beim Herantreten wird dieser Gesamteindruck durch die starken Diskrepanzen zwischen den einzelnen Teilen stark gestört.