Reiner Erber

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Reiner Erber

Schöne meine Welt

»Die Dinge sind nicht so wie sie sind, sondern so wie wir sie sehen« (Jean Anouilh)

Die hier ausgestellten Bilderserien entstanden in einem Fotoprojekt mit Menschen, die zurzeit noch von sehr vielen Mitbürgern als ›geistig behindert‹ bezeichnet werden. Behinderung ist eine gesellschaftliche Zuschreibung, eine soziale Konstruktion. In dieser Wirklichkeit heißt behindert sein, die geforderte Anpassung an die gängigen Verhaltensweisen und Normen der Gesellschaft nicht leisten zu können, heißt auffällig und anders zu sein, anzuecken. Künstler befinden sich in einer ähnlichen Lage. Hier ist die gesellschaftliche Akzeptanz aber gewährleistet. Dieses anders sein, das Extravagante, eine andere Sichtweise, wird geradezu erwartet. Die meisten Projektteilnehmer/innen fotografierten zum ersten Mal. Es entstanden Bilderserien, die jede eine individuelle Wahrnehmung des einzelnen ausdrücken. Da Wahrnehmung sich immer subjektiv gestaltet, bildet sie nicht die Realität sondern eine Realität ab, die Teil einer vielfältigen Sichtweise ist. Diese verschiedenen Aspekte von Wirklichkeit schaffen für den Betrachter der Bilderserien neue Wahrheiten, neue Realitäten. Die Wahl des Polaroidmaterials ermöglichte eine sofortige Betrachtung der Fotografien, was für die einzelnen Fotograf/innen eine große Motivation bedeutete. Außerdem konnte der Akt des Fotografierens als eine direkte Verbindung zum fertigen Bild gesehen und verstanden werden. Die Ausstellung zeigt die Orginale, keine Ausschnitte, Retuschen oder sonstige Manipulationen. Sie sind ehrlich – nicht voyeuristisch, mitfühlend – nicht kühl distanziert. Sie zeigen eine Authentizität in der subjektiven Gestaltgebung, eine Authentizität des eigenen Ausdrucks, eine mögliche Sichtweise auf die Welt, ihre Welt. Schöne meine Welt lässt uns teilhaben an der Welt von Lilly Axtmann, Norbert Beck, Matthias Büttner, Yvonne Conrad, Axel Hartwig, Luzia Kinz, Angela Klose, Hilke Sasse, Uwe Schäfer und Ahmet Siramun. Lassen wir sie auch teilhaben an der unsrigen!

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