Elmar Langohr

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Elmar Langohr

Einblicke

Die Zielsetzung meiner Arbeit(en) besteht darin, einen seltenen Einblick in die Lebensräume von Obdachlosen zu kommunizieren. Es geht um Menschen, deren Lebenswirklichkeit es ist, überwiegend im Freien zu leben und so der Witterung voll und ganz ausgesetzt zu sein. Mein Bilderzyklus erzählt eine wahre Geschichte aus der Sicht eines Obdachlosen, den ich eine Woche lang begleitet habe: Frank P. ist 48 Jahre alt und wohnt seit mehreren Jahren mit ca. 12 weiteren Obdachlosen in einem abgelegenen und zerstörten Fabrikgelände bei Darmstadt. Bildlich dokumentiert wurden die Wohnbereiche Küche, Wohnzimmer und Schlafplatz. Die Konsequenz des harten Alltags von Frank P. spiegelt sich in seinem als ernst einzustufenden gesundheitlichen Zustand wieder. Dies hat vor allem auch damit zu tun, dass er in besonders schweren Zeiten darauf angewiesen ist, verdorbene Lebensmittel zu sich zu nehmen. Ein täglicher Schlafplatz ist nicht jedem Menschen gewährt. Wenn Frank P. nach Hause kommt, muss er zu seinem Bedauern oft feststellen, dass sein Schlafplatz schon von anderen Obdachlosen eingenommen wurde. Dies bedeutet für ihn, dass er diese Nacht im Freien verbringen muss. Sein Hab und Gut befindet sich in einem einzigen Koffer, der ihn immer begleitet. Gelegentlich sitzt man abends vor dem Fernseher. Das Gerät ist jedoch ausgeschaltet, denn Strom gibt es schon lange nicht mehr. Der Fernseher verleiht der trostlosen Umgebung einen Hauch von Wohnlichkeit, in Wirklichkeit symbolisiert er die momentane Lebenssituation der Obdachlosen: Das Leben scheint an ihnen vorbeigezogen zu sein, sie schaffen es nicht aus eigener Kraft wieder auf den schnellen Zug unserer Gesellschaft aufzuspringen. Sie brauchen die Hilfe von außen, um dem Sog der Leere widerstehen zu können.

In der Küche riecht es aufgrund einer offenen Feuerstelle stark verräuchert, doch dieser Lebensumstand hat den Obdachlosen an kalten Wintertagen so manches Mal das Leben gerettet. Eine auf den ersten Blick chaotische Bildkomposition verwandelt sich bei längerer Betrachtung jedoch in eine von innerer Ordnung und Ruhe. »Die Küche schenkt uns an kalten Tagen Wärme, Schutz und Geborgenheit.«

Die Fotografien spiegeln Aspekte einer Wahrheit wieder und zeigen uns das auf, was wir eigentlich nur vermuten, wenn wir mittellose, arme Menschen sehen, die einmal Menschen waren wie Sie und ich. Dem Betrachter werden nicht nur Armut, Krankheit und Verfall vor Augen geführt, es soll in erster Linie Raum für Bewegung erzeugt werden, in dem Mitgefühl und Mitleid für die Gestrandeten möglich werden. Die Würde des Menschen ist unantastbar? Wer weiß, was Armut ist, hat andere Erfahrungen gemacht.

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