Frank Schröder

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Frank Schröder

Schichten

Unter Verwendung periurbaner Stadtkulissen zeigt Frank Schröder in seinen Fotos Schichten, Sequenzen und Überlagerungen. Er spiegelt die Leere städtischer Landschaften: Plattenbauten; verlassene Kasernen; normierte Bushaltestellen, die nicht einmal Vögel ernst nehmen und vor denen folglich gewarnt werden muss; Baugerüste und Brachland an der Opulenz märchenhafter Gestalten, deren Gesten ganz andere Räume eröffnen. Diese Traumwesen deuten die Existenz anderer Ebenen an, schichten sich auf die scheinbar banale Realität, durchwachsen sie, überwuchern sie geradezu an allen Ecken und Enden. Damit stellt er die Wahrnehmung und die Phantasie des Betrachters auf die Probe, verführt zu einem Blick vor die Kulissen, denn Kulissen sind alle seine Fotolandschaften und seine Figuren sind Fabelwesen aus dem Fundus der Phantasie, dem Handschuhfach der Träume.

Sattgrüne Wiesen werden schon an sich gebrochen durch das Vorhandensein moderner, stahlmatter Hightech-Windmühlen: doch dann taucht da auch noch eine traumähnliche Gestalt auf einem alten Fahrrad auf und ist in ihrem Kostüm so barock prächtig, wie die Landschaft karg und übersichtlich ist. Diese Phantasiegestalt transformiert die nüchterne Landschaft quasi im Vorbeifahren in eine Phantasiewelt. Und plötzlich erwartet man an jeder Ecke des Bildes eine Überraschung, ein plötzlich auftauchendes Krokodil, eine Clownsnase am Strauch, ein Renaissance-Ufo oder einen Bagger, der Träume aufschichtet und in der Hallenser Salinenlandschaft nach dem kollektiven Unterbewussten gräbt. Nach Archetypen oder Märchen, mit denen wir alle aufgewachsen sind und die wir in unsere eigenen Leben fortgeträumt haben. Es ist die Suche nach einer unsicheren Utopie, die Brechung des Realen am Irrealen. Traum und Realität schärfen die Klingen aneinander.

Frank Schröder verwendet kostümierte Gestalten, mit deren Hilfe er urbane und natürliche Landschaften zersetzt. Er erkundet die unsichtbaren Schichten des urbanen Raumes. Es ist eine Versuchsreihe an der Realität. Frank Schröder zweifelt die leere Banalität des Ortes an. Seine Fotos sind Mythen inmitten allgemeiner Einfallslosigkeit, der Kontrapunkt zum derzeitigen deutschen Depressionsgerede. Überraschend merkwürdige Blicke auf bekannte Räume. Er stellt unsere Sehgewohnheiten in Frage und zeigt, wie leicht sich gerade scheinbar uninteressante und unnutzbare Stadträume verwandeln lassen. Lediglich durch die Anwesenheit einer Figur, die diesen Raum ironisch oder phantastisch konterkariert. Allein die Idee verwandelt den leeren Raum zur Bühne und bietet ausreichend Projektionsfläche für jegliche Phantasie. Peter Brook hätte seine helle Freude daran. Seine Fotos offenbaren eine Magie, die sich kaum in Worte fassen lässt.

Und wenn sie in einer besonders tristen Straße um die Ecke biegen und Ihnen plötzlich Dornröschen in den Weg tritt oder Ihnen an einer trostlosen Bushaltestelle Robin Hood freundschaftlich auf die Schulter klopft, dann wundern Sie sich nicht, dann ist Ihnen vielleicht nur eine der Schröderschen Phantasiegestalten ins Bild gelaufen.

(Martina Zschocke)

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