In der Serie Whites setzt sich Nina Brauhauser mit Innenräumen auseinander; Innenräumen, die unseren natürlichen Sehgewohnheiten widersprechen und keinen eindeutigen realen Bezug zur Wirklichkeit erkennen lassen. Dies geschieht durch radikale Eingriffe, die Nina Brauhauser in möglichen Räumen vornimmt, indem sie diese neu ordnet. Ein neuartiger Raum wird sichtbar. Es ist die Auseinandersetzung mit dem Bildraum, einem Bildraum, der nicht eindeutig ist, sondern in den einzelnen Fotografien der Serie unterschiedlich genutzt wird. So folgt der Blick des Betrachters Räumen, die einen realen Kontext aufweisen oder suchen, ebenso wie Räumen, die reale Bezüge fast vollständig verweigern und den Betrachter im Ungewissen lassen, ob es sich um gänzlich virtuelle Räume handelt.Die immer wiederkehrende weiße Fläche erhält in ihrer Immaterialität eine zentrale Rolle. Sie wird zum Schlüssel des Geschehens, indem sie den Abstraktionsgrad des jeweiligen Bildes bestimmt und als Projektionsfläche die Deutungsebenen der Räume öffnet. Die weißen Flächen regen die Phantasie des Betrachters an. Ihre Leere kann sinnbildlich betrachtet werden, indem sie neue Kontexte als Gedankenräume zulässt. In der Abfolge der Serie wird der Rezipient ermutigt, mit den veränderten Bildern nicht nur umzugehen, sondern die abgebildeten Innenräume neu zu ordnen. Ein Gedankenraum entsteht, der in der persönlichen Wahrnehmung des Betrachters erst vervoll-ständigt und zu einer weiteren Ebene geführt wird.
Die Perspektiven und formalen Volumen der Innenräume werden einer radikalen Veränderung unterzogen. Sie dienen nicht mehr dazu, Identitäten und Erscheinungsformen des Wiedererkennens zu veranschaulichen, sondern erzieleneine neue kompositorische Spannung, mit dem Ziel, die Wirklichkeit in Teilen oder gänzlich zu verneinen. Ihre fremdartige, beeindruckende Präsenz erschafft Bedeutungsebenen, die in ihrer Reduktion eine stille und meditative Wirkung erzeugen. Durch diese kontemplative Wirkung wird dem Betrachter der Schaffens- und Erfindungsdrang dieser Arbeiten von Nina Brauhauer erst bewusst. Vielleicht liegt letztlich darin ihre besondere Qualität.
(Prof. Elke Seeger)