Seit einigen Jahren arbeitet Franziska Klose mit ihren Fotografien kontinuierlich an einem Archiv der Verhaltensweisen und Reflexe. Die Serie Playing Alltag erweitert dieses Repertoire um eine weitere Spielart. Gemein ist allen bisher entstandenen Serien, dass sie aus der genauen Beobachtung von Situationen im Alltag und von Verhaltensmustern entstehen. Durch das serielle Verfahren als Reihung von Einzelbildern, die keinen konkreten Handlungszusammenhang darstellen, unterstreicht das Werk das Anliegen empirischer Forschung und verleiht den Bildern auf den zweiten Blick eine kulturwissenschaftliche Ambition, die durch die Kunsthaftigkeit der Bildsprache wieder gebrochen wird.
Playing Alltag fokussiert kindliche Verhaltensweisen und die daraus resultierenden Gesten. Während Erwachsene durch die Nachahmung der Wirklichkeit im Spiel Grenzüberschreitungen bewusst inszenieren und damit das Mögliche und seine Risiken ausloten – ein Höhepunkt einer solchen Inszenierung stellt die Internetplattform Second Life dar –, ist für Kinder das Spiel und insbesondere das Nachahmen der von ihnen erfahrenen Welt existenziell, es ist die erste, begreifbare Aneignung der Welt, die sich ihnen einschreibt und sich als Erfahrung sedi-mentiert. So ordnet diese Form der Aneignung die erfahrene Welt. Die Bilder der Serie Playing Alltag zeigen Erwachsene mit kindlichen Verhaltensweisen: Sie verstecken sich (beispielsweise hinter den Händen), springen in Gummistiefeln über Steine oder untersuchen Gegenstände auf dem Boden. Sie werden im Außenraum inszeniert, der die Erfahrung mit dem Unbekannten möglich macht. Doch der Versuch, sich diese kindlichen Verhaltensweisen anzueignen, muss scheitern, da sie nur inszeniert sind und nicht mehr kindlich unbefangen. Trotzdem wecken die Reminiszenzen an die Kindheit eine Ahnung der Unbefangenheit und verleihen den Bildern so ihre (melancholische) Poesie.
(Maren Gebhardt)