Anne Helmer

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Anne Helmer

Andersland

Das fotografische Werk zeigt eine kleine Gruppe von Individualisten. Sie leben in Häusern, auf Bauwagenplätzen und in selbstgebauten Hütten. Dort kreieren sie ihre eigene Welt mit dem gemeinsamen Traum von individueller Verwirklichung, fern von gesellschaftlichen Normen. Sich zu verkleiden und zu inszenieren, geprägt vom Karnevalskult ihrer Wahlheimat, ist ein wesentliches Ritual im Leben der Portraitierten. Der größte Zusammenhalt der Gruppe bildet die gemeinsam auf der Straße verbrachte Jugend. Dieses unsichtbare Band hält die Anfang/Mitte 30-jährigen trotz ihrer unterschiedlichen Entwicklungen nach wie vor zusammen. Einige haben ein Studium begonnen, andere verdienen ihren Unterhalt als Arbeiter und wieder andere leben vom Schnorren.

Für einen Außenstehenden mag Andersland eher befremdlich wirken. Er würde das Lebensareal wohl als einen Ort beschreiben, an dem Menschen ohne Wasser und Strom in Bauwagen oder auf engstem Raum in einem baufälligen Haus wohnen und ihre Trostlosigkeit mit Alkohol begießen … Eine Welt, die von den gesellschaftlich Integrierten nur schwer akzeptiert werden kann. Doch hinter der ärmlich wirkenden Fassade versteckt sich die eigenwillige Schönheit dieser doch so einfach gehaltenen Welt. Aus scheinbar nutzlosen Dingen, die für die konsumorientierte Masse längst abgeschrieben sind, gestalten sie ihren skurrilen, phantasievollen Wohnraum. Und so bleibt stets der Blick frei für das elementare Glücklichsein, abseits von den diktierten Bedürfnissen unserer Gesellschaft. In Andersland verschmelzen die äußerlichen Merkmale einer von den achtziger Jahren geprägten Subkultur mit der Freude an der Selbstinszenierung und Verkleidung einer von der Karnevalszeit geprägten Heimat. Die eigenwillige Verbindung zwischen dem unkonventionellen Lebensraum, den ganz eigenen Persönlichkeiten mit der Kostümierung schafft somit eine Art Parallelwelt – eine Anderswelt eben.

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