Die Frage der (Un-)Sichtbarkeit beschäftigt mich sowohl in der Fotografie, wie auch in meinen Filmen und Videoarbeiten. In den zeitbasierten Arbeiten geht es um nicht-gemachte Fotos, verschwundene Personen, die abgetragene Berliner Mauer oder um die Wahrnehmung von Licht, das per se nicht sichtbar ist. In den fotografischen Arbeiten sind es die Bilder im Kopf des Betrachters und deren Evokation, die mich zunehmend faszinieren. Die Arbeit ERINNERTE BILDER-SAMMLUNG DEUTSCHLAND (2002 bis 2004) erzeugt diese durch die Reproduktion von beschrifteten Rückseiten gesammelter Fotografien, deren Vorderseite nur wenig durchscheint. Die Serie NACHBILDER (2007 ff.) lässt aus einem dichten Grau Bilder vage aufscheinen, die jedem bekannt vorkommen, der sie erkennen kann. Die hier gezeigten Arbeiten aus der Serie FILMSTILLs beziehen sich auf den Mythos Kino und verbindet mein Interesse an den Medien Film und Fotografie. In FILMSTILLs werden sie in Beziehung gesetzt und Eigenheiten beider Medien deutlich.
Die Idee des Projekts FILMSTILLs ist es, Kinofilme in ihrer ganzen Länge auf ein einziges Fotonegativ zu bannen. Die Lichtteilchen, die vom Projektor aus durch die Filmkopie auf die Leinwand treffen und in den Zuschauerraum reflektiert werden, hinterlassen ihre Spuren auf dem Fotonegativ. Sie werden gespeichert und akkumulieren zu einem einzigen Bild. Jedes einzelne Frame der 25 Bilder eines Kinofilms, die pro Sekunde projiziert werden, ist in diesem einen Foto enthalten wie eine Quintessenz, deren Information aufgrund der gegenseitigen Überlagerungen nicht mehr entziffert werden kann. Jeder Film hinterlässt eine eindeutige Spur, eine eindeutige Verteilung von Hell, Dunkel und Farbe auf dem Negativ. Die Überlagerung der Einzelbildinformationen führt zur Auslöschung konkreter Bildinhalte. Keine zwei Kinofilme hinterlassen identische Spuren. Das jeweilige Foto ist ein eindeutiger Fingerabdruck des Films. Die Fotografien der Serie FILMSTILLs erscheinen wie abstrakte Gemälde oder Landschaften von Turner. Die einzelnen Fotografien ergeben ein Archiv, das alle Informationen der Filme in einer für uns nicht mehr zu lesenden, zu entziffernden Form gespeichert hat. Der Filmtitel öffnet den Raum für Assoziationen. Die Nennung der maßgeblich beteiligten Filmschaffenden und der technischen Spezifika des Films unterstreicht das Authentische und zollt den Urhebern des Ausgangswerkes Respekt. Der Betrachter versucht, einen Widerhall an den Film in der Fotografie zu entdecken. Man erwartet bei bekannten Filmtiteln auch Bekanntes zu sehen, wiederzuerkennen – wird jedoch auf seine eigene Erinnerung zurückgeworfen. An welche Bilder des Films erinnert man sich? Oder – glaubt sich zu erinnern. Welche Geschichte rekonstruiert man? Woran erinnern Sie sich bei dem Film von Charlie Chaplin mit dem Titel MODERN TIMES ?