Meine fotografische Arbeit hat sich aus meinen früheren Performances entwickelt. Ich beziehe mich auf feministische Performancekünstlerinnen, die in den 70er Jahren die traditionelle Leinwand verwarfen und in ihren Aktionen stattdessen den eigenen Körper einsetzten, wobei dieser zum Experimentierfeld wurde, auf dem es galt, neue Erscheinungsformen für das Selbst zu finden. Ein immer wiederkehrendes Thema in meiner Arbeit ist die Interaktion von flüssigen oder zähflüssigen Substanzen mit dem Körper. Ich benutze meinen Körper als ›Leinwand‹, indem ich ihn mit Flüssigkeiten wie Nahrungsmitteln und Kosmetikprodukten ›bemale‹. Dabei ist die Wahl der verwendeten Malmittel kein Zufall: Das Thema ›Nahrung‹ und ›Schönheit‹ findet sich immer wieder in der Auseinandersetzung von zeitgenössischen feministischen Künstlerinnen mit dem Körper. Während ich frühere Schwarzweißarbeiten analog fotografiert und in der Dunkelkammer entwickelt habe, sind meine neueren Arbeiten digital bearbeitet. Die Arbeit mit Photoshop bietet mir die Mittel, die Schnittstelle zwischen Malerei und Fotografie weitergehend zu untersuchen.
Die Videoarbeit Soma* ist die Animation einer fotografischen Serie. Am Anfang stand eine performative Handlung, bei der ich Flüssigkeiten auf mein Gesicht gebracht habe, ein Vorgang, dessen Ergebnisse fotografisch festgehalten wurden. Die resultierende Fotoserie Soma ist digital bearbeitet: jedes Foto ist im Computer gespiegelt. Als Folge dieses simplen Eingriffs erscheinen die vorher chaotisch verlaufenden Flüssigkeiten jetzt strukturiert oder ornamental, und die Natürlichkeit, die anschauliche, greifbare Realität von Haut und Poren existiert in (eigentlich unmöglicher) Nachbarschaft zur Künstlichkeit des vollkommen symmetrischen Gesichts. Ein weiterer Schritt findet dann in der Videoarbeit statt. Die einzelne Fotografie wird vielfach ›geklont‹, digital bearbeitet und in einen zeitlichen Ablauf gebracht. In der Aneinanderreihung der Fotos als Animation wird das Element des Fließens aufgegriffen und auf eine andere, wiederum künstlichere Ebene verlagert. So stellt sich die Frage nach dem Bild des Menschen zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit in der Spannbreite zwischen existentieller Erfahrung und Ornament.
Den Sound zum Video hat der rumänische Musiker und Sound Designer Yvat komponiert, der in seiner Musik klassische Instrumente und analog erzeugten Sound mit elektronischen Klängen verbindet und so einen unverwechselbaren Sound von außerordentlicher Klarheit und Tiefe erzeugt. Eigens für Soma hat er Klangelemente komponiert, die er mit den Bildern zu einer wirkungsvollen und spannungsreichen Übereinstimmung verknüpft.
(*)Soma (Griechisch: Körper) heißt die Droge, die die Einwohner von Aldous Huxleys Brave New World in den Zustand des immerwährenden Wohlbefindens versetzt.